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Apr

Wirtschaftlichkeit Solaranlagen oder Abzocke bei PV-Anlagen

categories Allgemein      Autor Autor: Jens    

Warum Solarthemie blöd ist

Wir schreiben das Jahr 2005. Es war im Spätsommer, meine Gasheizung war damals achtzehn Jahre alt, mein Haus wurde 50 Jahre alt und der Ölpreis beeindrucke mit starken Steigerungen. Es wurde Zeit, durchgreifende Maßnahmen zu ergreifen; gegen die Kostenexplosion bei meinen Heizkosten und für ein besseres Weltklima.

Die Entscheidung für eine neue Heizung war schnell getroffen, die Frage war nur, mit oder ohne Solarthemieunterstützung, schließlich kann man sein Dach nur einmal nutzen.

Mit Fotovoltaik, die Branche beobachtete ich schon einige Jahre aus beruflichen Gründen, kam ich nicht klar, weil deren Angebotsmacht die Preise bis dato immer entlang der Einspeisevergütung führte.

Also sollte es schließlich doch Solarthermie sein, weil meine neue Pelletheizung ohnehin einen Pufferspeicher brauchte.

Euphorisch begann ich zu rechnen, die zusätzlichen Investitionskosten wurden der vom Anbieter eröffneten Kostenersparnis gegenüber gestellt. Das Ergebnis war ernüchternd, die Mehrkosten schienen aber im Rahmen meines Betrachtungszeitraumes (zwanzig Jahre wg. Garantie für Pufferspeicher) aus den Ersparnissen gedeckt zu werden.

Und was ist die Realität nach vier vollen Betriebsjahren? Meine Anlage (12 qm, 600 Liter Speicher, 20 Grad Südabweichung, 50 Grad Dachneigung, Teilverschattung im Winter, keine FBH) bringt nicht annähernd das, was ursprünglich avisiert wurde. Der Ertrag liegt zwischen 260 kWh und 303 kWh pro qm Kollektorfläche und Jahr. Natürlich betreibt man Ursachenforschung und sucht nach Optimierungen.

Ist nur meine Anlage so schlecht? Googlen macht’s möglich. Belastbare Vergleichswerte gibt es reichlich. Ein besonderer Aktivist im positiven Sinne hat seit 2005 Jahresdaten von mehreren Anlagen dokumentiert, die ich hier über den Ertrag in kWh/qm Kollektorfläche gleichnamig gemacht habe:

Anlage in 2005/2006 2006/2007 2007/2008 2008/2009 Mittelwert
Roedermark 304 318 289 293 301
Fichtelgebirge 314 310 243 248 279
Bermsgruen 449 315 329 360 363
Brilon 406 350 335 325 354
Mainaschaff_2 292 316 294 301
Delitzsch 337 314 292 314
Dresden 248 216 221 228
Haslach 393 382 387 387
Niederzier 245 234 229 236
Woltersdorf 326 320 242 296
Sontra 369 287 328
Osterode 200 186 193
Wuerselen 262 248 255
Bremen 228 273 250
Ermengerst 224 212 218
Marl 209 192 201
Seligenstadt 249
Hillerse 127
Mittelwert 353 321 272 256

Wenn man jetzt auch noch diese Ergebnisse über die örtliche Globalstrahlung normiert, reduzieren sich die Unterschiede etwas. Die Anlagen haben ein Größe zw. 19 qm und 52 qm. Auffällig ist und in dieser Darstellung nicht erkennbar, dass größere Anlage tendenziell spezifisch bessere Ergebnisse erzielen.

Wenn man bedenkt, dass die Kollektoren häufig mit rd. 520 kWh pro qm Kollektorfläche und Jahr (Standard-Test-Bedingungen) beworben und verkauft werden, dann ist das Ergebnis doch schon sehr ernüchternd.

Wie sieht es mit den Investitionskosten aus? Bei welchen zusätzlichen Investitionskosten und erkennbaren Wärmeerträgen ist eine Investition in Solarthermie noch sinnvoll?

Vereinfachend (stark pro Solar) ist anzunehmen, dass
– es keine Solarwärme-Verluste gibt,
– keinen Strom braucht
– der Ertrag pro qm Kollektorfläche und Jahr bei 300 kWh liegt,
– die Solar-Anlage 20 Jahre hält,
– der Nutzungsgrad der verdrängten Heizung bei 85% liegt (für eine Solar-kWh  braucht man – rd. 1,18 kWh Primärenergie)
– die Primärenergiekosten sich pro Dekade verdoppeln
– Ap-Erdgas Anfang 2010:         5,6 ct/kWh / 11,2 ct/kWh / 22,4 ct/kWh
2010 – 2020: Durchschnittspreis 8,4 ct/kWh
2010 – 2030: Durchschnittspreis 16,8 ct/kWh
– to Pellets Anfang 2010: 205 € =>     4,2 ct/kWh / 8,4 ct/kWh / 16,8 ct/kWh
2010 – 2020: Durchschnittspreis 6,3 ct/kWh
2010 – 2030: Durchschnittspreis 12,6 ct/kWh

Im Zeitraum von 20 Jahren würde ein qm-Kollektorfläche also 6.000 kWh Wärme produzieren und damit rd. 7.100 kWh Primärenergie verdrängen.

Der Wert der verdrängten Primärenergie für den ganzen Betrachtungszeitraum pro qm Kollektorfläche liegt bei rd. 767 € für Gas bzw. rd. 577 € für Pellets.

Um von diesen Werten auf den Anlagenpreis zurückzurechnen, den man heute maximal ausgeben sollte, müsste die Zahlungsreiche der Ersparnisse finanzmathematisch auf den heutigen Tag abdiskontiert werden. Bei einem Zinssatz von 3% verbleibt ein spezifischer Investitionswert von 524 € für verdrängtes Gas bzw. 393 € für verdrängte Pellets.

Eine Solarthermieanlage von z.B. 10 qm Größe sollte also inkl. alle Nebenkosten maximal 5.240 € kosten, wenn man Gas verdrängt bzw. maximal 3.930 € kosten, wenn man Pellets verdrängt. Wäre schön, wenn es bei den Prämissen solche Preise gäbe ……

Also, vergesst Solarthermie, steckt das Geld lieber in die Vermeidung von Energieverbrauch!


und warum Fotovoltaik interessanter ist !

– ganz einfach, weil der Strom aus der Steckdose (sehr bald) teurer ist als der Strom aus der Fotovoltaik-Anlage

Und das kommt so: Finanzkrise und massiver Kapazitätsaufbau der Fotovoltaik-Industrie haben insbesondere in 2009 zu einem massiven Preisverfall der Modulpreises geführt. Der Anbieter-Markt kippte um zu einem Nachfrager-Markt. Fotovoltaik-Anlagen sind so günstig wie noch nie.

Die Zeitschrift Photon dokumentierte seit Monaten penibel den Preisverfall. Aus eigener Erfahrung kann ich diese Preise nur bestätigen. Auch kleinere Anlagen mit rd. 4-5 kWp Leistung (ca. 35 – 45 qm Fläche) sind schon komplett montiert für 3.000 €/kWp netto zu haben! (Allerdings China-Module mit SMA WR) Für eine 4 kWp-Anlage sind also rd. 12.000 € zu berappen. Auf ein Leistungsniveau von 80 % gibt es Garantien zw. 20 und 30 Jahre (z..B. bei Antaris-Modulen), im Regelfall 25 Jahre.

Was kommt dabei raus? In Bielefeld kann man bei halbwegs vernünftiger Ausrichtung und Beschattungssituation anfangs rd. 850 kWh/kWp erwirtschaften. Am Ende des Garantiezeitraums (25 Jahre, 80 %) sind es noch mindestens 680 kWh/kWp. Im Mittel sind das 25 Jahre lang 765 kWh/kWp, also insgesamt mindestens 19.125 kWh.

Wer unter diesen realitätsnahen Bedingungen heute für 3.000 € ein kWp Fotovoltaik-Anlage mit einer Leistungsgarantie von 25 Jahren auf 80 % der Leistung kauf, hat Investitionskosten von 3.000 € / 19.125 kWh = 15,68 Ct/kWh netto bzw. 18,66 Ct/kWh brutto. Da die Anlage fast keine Wartungskosten hat, bleiben diese Kosten 25 Jahre stabil. Nicht berücksichtigt sind Finanzierungskosten und Rücklagen für einen möglichen Wechselrichterausfall. Da auch hierfür die Preise fallen, könnte man mit einmalig zusätzlich 350 €/kWp kalkulieren.

Bei Energieversorgern in OWL kostet derzeit eine kWh Strom 19 Ct/kWh bis 22 Ct/kWh, mit zwangsläufig steigender Tendenz (Personalkosten, CO-2-Auktionierung etc.).

Wenn man also seine Fotovoltaikanlage so dimensioniert, dass man den Strom maximal selbst verbraucht (zwischen 2 kWp bis 4 kWp) kann man sich nach bisherigem Erkenntnisstand zwischen 30% und  40% selbst mit Strom versorgen und braucht seinen Energieversorger „nur“ noch für den Rest. Welche Auswirkungen das auf den Gesamtmarkt hat, war gut in der Photon 03/2010 nachzulesen.

und
– weil es über das EE-Gesetzt ein Abnahme- und Vergütungspflicht für Strom aus  Fotovoltaikanlagen gibt

Wem oben genannten Argumente noch nicht reichen, dem empfiehlt sich der Einstieg in die gewerbliche Stromproduktion. So machen es übrigens wohl 99,9 % aller Anlagenbetreiber. Als Fotovoltaikanlagenbetreiber ist man vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer. Die im EE-Gesetzt festgeschriebene Vergütung (für Anlagen die in 2010 ans Netz gehen sind das 39,14 Ct/kWh 20 Jahre lang) wird von Anlagenbetreiber mit Umsatzsteuer an den örtlichen Netzbetreiber berechnet. Der Netzbetreiber zahlt mit Umsatzsteuer an den Anlagenbetreiber. Dieser führt dann die Umsatzsteuer an sein Finanzamt ab. Die Vorsteuer aus seiner Investition erhält der Anlagenbetreiber vom Finanzamt zurück.
Es gibt im Internet diverse Programme zur Erstellung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Empfohlen sei das des Münchener Umweltinstitutes (www.umweltinstitut.org).

aber
– Vorsicht vor Abzocke durch Absenkung der Einspeisevergütung zum 01.07.2010

Mir ist ein Angebot aus April bekannt, wo tatsächlich Investitionskosten von 5.500 €/kWp herauskamen (netto, bei rd. 4-5 kWp, nahezu Standard) ….mit der üblichen Vertriebsgeschichte: sofort unterschreiben, sonst nicht mehr lieferbar, einmalige Gelegenheit etc.
Warum mir bei solchen Angeboten das ein oder andere Mal Dünnschichtmodule von Würth auffallen würde ich doch gern mal wissen …

Mein Rat: Nach dem 01.07. geht die Welt weiter. Wenn auch deutlich komplizierter als derzeit. Also, den derzeitigen Boom abwarten, Markt beobachten und Angebote echter Solateure vergleichen.

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